Nikol Paschinjan neuer Premierminister von Armenien (ZON)

"... Was Anfangs selbst vielen Oppositionellen im Land als hoffnungslos galt, wurde zu einer Massenbewegung. Vor allem als klar wurde, wie groß die Wut über den Machthunger der alten Elite geworden ist. Plötzlich protestierten in Jerewan Zehntausende Menschen und steckten ihre Mitbürger an. An einer Schule zwangen Schüler eine korrupte Schuldirektorin zum Rücktritt. Und selbst aus Russland oder den USA flogen und fliegen Tausende Armenier in ihre Heimat, um dabei zu sein, bei dem was in ihren Augen die Sternstunde ihres Landes ist.
Paschinjan gelang es, sich an die Spitze dieser Wutwelle zu stellen. Der 42-Jährige hat es geschickt vermocht, sich als Gegenentwurf zum herrschenden Regime zu präsentieren, das in Armenien vor allem mit Korruption, Vetternwirtschaft und wirtschaftlicher Stagnation in Verbindung gebracht wird. Paschinjan dagegen konnte damit überzeugen, dass er sich auch nach seinem Einzug als Abgeordneter ins Parlament vor sechs Jahren nicht illegal bereichert hat. Anders als die Herrschenden liebt er keine Luxuskarossen, sondern begnügt sich mit einem Hyundai Sonata, den er nach eigenen Angaben auf Kredit gekauft hat. ...
Obwohl er das Image eines flammenden Revolutionärs pflegt, ist Paschinjan ein pragmatischer Politiker", sagt der armenische Politikanalyst Mikael Zoljan. Er sei zu Kompromissen und Gesprächen bereit. In der Vergangenheit sei er deswegen auch von radikaleren Figuren in der Opposition kritisiert worden. ...
Auch außenpolitisch zeigte sich der neue Mann an der Spitze des Landes bisher nicht als radikaler Veränderer. Er weiß, dass Armenien Russland als Schutzmacht im Konflikt mit dem benachbarten Aserbaidschan braucht. 


Spannend zu sehen, wie Putinisten in den Kommentaren bereits vor westlicher Einmischung warnen. Mein Leserbrief dazu, zu finden auf S.2:

Lustig, wenn ein Putinist die "Einmischung" des Westens herbeifabuliert... Es kann wohl neben dem Untergang des Abendlands durch "Umvolkung" nichts besser Gemeinsinn stiften als die Legende von der Einkreisung Russlands.
In Wirklichkeit ist durchaus anzunehmen, dass die Mehrheit der Armenier (ebenso wie die Georgier) begreift, dass die Herrschaft der armenischen "Elite" eng mit dem mafiösen russ. Regime verwoben ist (die armenische Wirtschaft ist fest in russischer Hand). Wäre nicht die geradezu babylonische Gefangenheit Armeniens (das russische Hauptquartier im Südkaukasus befindet sich in Gyumri), die Forderungen nach westlichem Politikstil würden wohl zu einer verstärkten Annäherung an das politische Europa führen. Das wird Moskau zu verhindern wissen. Ob es diesmal, wenn denn die Begeisterung anhalten sollte, ausreichen wird, Eriwan mit massiver Erhöhung der Gaspreise zu drohen, wie 2013 gegenüber Sargsjan, bleibt abzuwarten.
Seit dem Krieg um Nagorny-Karabakh wurde die arm. Politik maßgeblich von dem Konflikt mit AZ bestimmt. Sargsjan stammt aus N. - K. Man kann dem neuen Regierungschef nur viel Glück wünschen, denn er sitzt zwischen vielen Stühlen: Forderungen der Protestierenden, den Oligarchen, Nagorny-K., Baku, Ankara und vor allem dem Kreml mit seinen ökonom. und v. a. strategischen Interessen, an die der Kreml immer mal wieder durch Waffenverkäufe an Erzgegner Aserbaidschan erinnert. Das alles inmitten wirtschaftlicher Stagnation und Armut.


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